Interview mit Frank Brinken, Vize-Präsident des Verwaltungsrats der Starrag Group Holding AG

Interview mit Frank Brinken, Vize-Präsident des Verwaltungsrats der Starrag Group Holding AG
Frank Brinken, Vize-Präsident des Verwaltungsrats der Starrag Group Holding AG

Dr. Frank Brinken hat sein gesamtes Berufsleben in der Fertigungsindustrie verbracht und hat massgeblich am Aufbau der Starrag Gruppe mitgewirkt.

 

Er studierte Maschinenbau an der Universität Aachen in Deutschland, schloss als Dipl-Ing. ab und promovierte danach mit einer Dissertation über Kunststoff-verarbeitungs-Technologie.

 

Nach einer Karriere mit zunehmender Führungsverantwortung in grossen multinationalen Unternehmen in den USA und in der Schweiz wurde Frank Brinken im Jahr 2005 CEO der börsennotierten Schweizer Starrag Group und war bis 2014 in dieser Funktion tätig. Heute ist er nicht-exekutiver Direktor der Fastems Systems Oy in Finnland, einem auf Fabrikautomatisierung und Industrie 4.0 spezialisierten Unternehmen sowie Vize-Präsident der Verwaltungsräte der Starrag Group Holding AG und der Tornos Holding SA.

Frank Brinken pflegt enge Beziehungen zur akademischen Welt. Er war Vorstandsmitglied des Advanced Manufacturing Research Centre (AMRC with Boeing) an der Universität Sheffield, Grossbritannien und ist seit 2006 Mitglied des Kuratoriums des Fraunhofer IWU in Dresden / Chemnitz. Er ist Vorstandsvorsitzender der Inspire Foundation für Produktionsforschung an der ETH Zürich und lehrt als Professor an der Chemnitzer Universität im Masterstudiengang Maschinenbau.

 

Auf europäischer Ebene ist Frank Brinken derzeit Mitglied des Vorstands und Vorsitzender des Market Intelligence Committee‘s der CECIMO, der Organisation der europäischen Werkzeugmaschinenindustrie.

 

In allen seinen Verwaltungsräten ist Frank Brinken stark damit befasst, die digitale Transformation voranzutreiben. Durch die Digitalisierung erfährt die Werkzeugmaschinenindustrie einen tiefgreifenden Umbruch, der radikal neue Produkteigenschaften, fundamental andere Ausbildungsprofile und Fähigkeiten der Mitarbeitenden sowie eine Abkehr von den tradierten Entwicklungsprozessen erfordert. Die Geschwindigkeit des Wandels hat dazu geführt, dass das "schnelle Entwicklungskonzept" des Silicon Valley‘s nun auch bei der Produktentwicklung in der bisher eher konservativen Ingenieurswelt Einzug hält.

Jürg Kurmann M&A: Was sind die Erfolgsfaktoren für wirkungsstarke Verwaltungsräte in Ihrer Erfahrung?

 

Ich rate von der weit verbreiteten Praxis ab, CEOs nach ihrer Amtszeit direkt zu Präsidenten des Verwaltungsrates zu „befördern“. Wenn der ehemalige CEO zum Verwaltungsrats-Präsidenten wird, wird der neue CEO sehr wenig Raum haben, um die Dinge anders zu machen, und das ganze Unternehmen wird sich immer noch sehr an den Ansichten des ehemaligen CEOs und nunmehrigen Verwaltungsrats-Präsidenten ausrichten, was die Selbsterneuerung behindern wird. Es ist jedoch sehr wichtig, dass ein erfolgreicher CEO nach seiner Amtszeit Mitglied des Verwaltungsrats wird, um sein umfangreiches Fachwissen und seine Erfahrung beizusteuern und auch um die Kundenbeziehungen aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig erfordert der Wechsel vom CEO zu einem "einfachen", nicht exekutiven Verwaltungsratsmitglied für diesen eine grosse Selbstdisziplin, um zu akzeptieren, dass ein Verwaltungsrat vorgeschlagene Entscheidungen und Strategien des oder der neuen CEO unterstützen kann, obwohl man es selbst anders machen würde. Während die Entscheidungsfindung des Gremiums auf offenen kontroversen und konstruktiven Diskussionen basieren sollte, sollte der Verwaltungsratsbeschluss letztlich im Konsens getroffen und von allen Mitgliedern unterstützt werden. Diese einheitliche und starke Entscheidungsbasis im Verwaltungsrat ist eine wichtige Basis für den CEO für eine kraftvolle Umsetzung und die Führung des Unternehmens mit einer langfristigen Sicht.

 

Während ich CEO der Starrag Group war, war ich nicht Mitglied des Verwaltungsrats und finde diese klare Trennung von Management und Verwaltungsrats-Funktion für ein effektives Management und eine gute Corporate Governance von Vorteil.

 

 

Jürg Kurmann M&A: Welches war Ihr überraschendster oder lehrreichster Vorfall in Ihrer Verwaltungsratstätigkeit?

 

Kein Kommentar, über VR-Internas spricht man nicht.

 

 

Jürg Kurmann M&A: Welche Entwicklung im M&A erwarten Sie in der Maschinenindustrie in den nächsten 1-2 Jahren?

 

Die industrielle Fertigung verändert sich viel schneller als es die meisten erwarten von einer Sequenz von spezialisierten Insellösungen zu durchgängig digitalisierten Prozessen. In Europa gibt es etwa 1'200 Werkzeugmaschinenfirmen, von denen die Top-10 bereits 42% des Branchenumsatzes ausmachen, während sich die grosse Anzahl der Übrigen den Rest teilen. Dies sind kleinere Unternehmen, normalerweise mit Umsätzen im Bereich von 20 bis 40 Millionen Euro und typische Nischenanbieter, also sehr innovativ, flexibel und auf ihre spezifische Nischenlösung ausgerichtet. Sie werden jedoch abrupt mit der Notwendigkeit konfrontiert, dass ihre Produkte nun in durchgängig digitalisierte Prozessketten passen müssen. Bereits jetzt kaufen chinesische Staatsunternehmen nur Maschinen, die diese Anforderung erfüllen. Alle diese Nischenunternehmen müssen sich auch selbst in digitalisierte Lieferketten integrieren und globale After-Sales-Services anbieten können. Diese tiefgreifenden Entwicklungen erfordern enorme Anstrengungen in Bezug auf Investitionen, Managementressourcen und Änderungsaufwand. Viele dieser Mittelständler - hauptsächlich ansässig zwischen Bologna im Süden und Hannover im Norden - wurden in den 50er und 60er Jahren gegründet und sind bereits mit Nachfolgefragen herausgefordert. Viele können oder wollen die bedeutenden erforderlichen Investitionen und Veränderungsaufwendungen nicht tätigen und werden daher an ein grösseres Unternehmen, welches die nötige „scale“ hat, verkaufen. Entsprechend erwarte ich eine signifikante M&A-Welle, die die Branche konsolidieren wird.

Über Jürg Kurmann Mergers & Acquisitions

 

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